Klingende Thüringer Residenzen – Zwei CDs mit der Capella Jenensis

Klingende Thüringer Residenzen
Musik von Andreas Oswald, Christian Herwich, Adam Drese, Johann Michael Nicolai, August Kühnel, Johann Krieger

Capella Jenensis
17.11.2023 beim Label RONDEAU

Das Thüringer Kleinstaatensystem brachte nicht nur Johann Sebastian Bach hervorbrachte, sondern auch eine Vielzahl an mehr oder weniger bekannten Komponisten. Der Fokus der CD blickt auf genau die Zeit, in der die vielen unterschiedlichen Hofkapellen und die darin musizierenden Komponisten in den Fürstentümern Gotha, Meiningen, Sondershausen, Arnstadt, Rudolstadt, Greiz, Weimar und Eisenach miteinander im fruchtbaren Austausch und Kontakt traten und darüber hinaus ihre künstlerischen Impulse aus Italien, Frankreich und England erhielten. Diese Bezüge lassen sich auch in ihren Werken feststellen und heben sie auf eine Qualitätsstufe von europäischem Rang.  

Beispielhaft ist die Verquickung der Thüringischen Musiklandschaft an den Lebensläufen der drei Komponisten Andreas Oswald, Christian Herwich und Adam Drese, die im Mittelpunkt der CD-Aufnahme stehen. Alle drei Musiker waren am Weimarer Hof bis zur Auflösung der Hofkapelle 1666 tätig und verteilten sich im Anschluss auf Thüringische Fürstentümer und das benachbarte Fürstentum Hessen-Kassel. Um sie herum gruppieren sich die nicht minder begabten erstklassigen Komponisten Philipp Heinrich Erlebach, der in Rudolstadt wirkte, Johann Krieger, den sein Weg über Greiz ins anhaltinische Weißenfels führte und Johann Michael Nicolai, der in Ulrichshalben bei Weimar geboren wurde und hier seine musikalische Prägung erhielt.
August Kühnel verschlug es als reisenden Gambenvirtuosen zumindest temporär an den Weimarer Hof, wo er seine Künste präsentierte und in Austausch mit den dortigen Musikern trat.
Die Aufnahme des Ensembles Capella Jenensis komplettiert das digitale Portrait der Thüringer Musiklandschaft, in dessen Rahmen bisher acht aufwändig produzierte Konzertfilme auf Thüringer Residenzen entstanden.

Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=xYKZdNM53pI


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Sonaten von Andreas Oswald (1634-1665)
Capella Jenensis

erschienen bei CPO

Nun widmet sich das Ensemble mit mehreren erstmals eingespielten Sonaten seinen Thüringer Wurzeln. Der Komponist Andreas Oswald (1634-1665) ist bisher wenig bekannt. Als Sohn des gleichnamigen Weimarer Hoforganisten wirkte er als Kammermusiker und Organist am Weimarer Hof, bevor er als Stadtorganist nach Eisenach wechselte. Seine Kompositionen sind von innovativer Waghalsigkeit im sogenannten Stilus Fantasticus geschrieben und bestechen durch sprühende Kreativität, virtuose Instrumentaleffekte und variierende, reiche Besetzungen mit Violinen, Violen, Gambe, Posaune, Fagott, Violone, Theorbe, Orgel und Cembalo. Sämtliche Stücke stammen aus Oswalds Zeit am Weimarer Hof und repräsentieren die dort um die Mitte des 17. Jahrhunderts gespielte Tafel- und Unterhaltungsmusik. Die Wiederentdeckung von Abschriften dieser Werke ist von besonderer Brisanz, da das reichhaltige Repertoire der Weimarer Hofkapelle zwar aus verschiedenen Inventarien bekannt ist, die Musikalien selbst aber durch Schlossbrände ausnahmslos vernichtet wurden.

Hineinhören: https://youtube.com/shorts/3X9gB_IFN8I?fea

Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, wie in formaler Vielfältigkeit, atmosphärisch intim berührend, meditativ bis zu tänzerisch beschwingt und theatralisch packelnd diese kammermusikalischen Eingebungen nichts von ihrer ursprünglichen Strahlkraft verloren haben. Alte Musik für heutige Ohren. Uneingeschränkte Empfehlung. (Onlinemerker)